Es mag stimmen, dass jeder zweite junge Saxofonist gerne klingen möchte wie John Coltrane. Zur Wahrheit aber gehört: Nur eine Handvoll erspürt den Geist, erreicht die Radikalität, besitzt die Dynamik dieser Ikone. Isaiah Collier aus Chicago gehört zu diesen Auserwählten, und das, obwohl er gerade mal Mitte 20 ist. Dazu hat er noch Chuzpe. Mit seinem ausgezeichneten Quartett The Chosen Few nahm er die fünfteilige Suite „Cosmic Transitions“ auf, ausgerechnet am 94. Geburtstag Coltranes, ausgerechnet in den Rudy Van Gelder Studios, wo Tranes „A Love Supreme“ entstand. Es ist eine von der ersten Sekunde an hochenergetische Fortführung des aus dem Blues geborenen spirituellen Jazz, wie er mit Coltrane und Sanders Funken schlug. Collier mit seinem rauen, fauchenden, ungezügelten Ton erzeugt im Zusammenspiel mit dem machtvoll raumgreifenden Piano Mike Kings eine aufgeregte, aufregende Intensität, die immer der Auf- und Erlösung zustrebt, einer vollkommenen Schönheit, ohne in dieser je ganz aufzugehen. Die Spannung aus Exaltation und Sanftheit, die Vermeidung aller Klischees, die Reife und spielerische Fantasie machen dieses Quartett bei aller Traditionsverbundenheit so faszinierend, heutig und frisch.